Es ist sicherlich nichts Neues, über die Veränderungen zu schreiben, die es mit sich gebracht hat, in und mit einer Pandemie leben zu müssen. Ich schreibe ganz bewusst „mit“, da wir lernen müssen mit den uns gegebenen Umständen umzugehen, unseren Mut und unsere Zuversicht nicht zu verlieren. Und natürlich bleibt es nicht aus, an andere einschneidende Episoden der Weltgeschichte zu denken und diese mit unserer heutigen Situation zu vergleichen. Gerade schießt mir der Gedanke von der Erzählung meiner Schwiegeroma in den Kopf, die erzählte, wie sie bei einem Bombenangriff auf Hamburg im zweiten Weltkrieg verschüttet wurde und lange auf die Befreiung warten musste, immer mit der Gewissheit, dass Wasser, Luft und Essen zu neige gehen könnten. Zeit wird in so einem Fall relativ und verliert und gewinnt gleichzeitig an Bedeutung. Zeit misst sich nicht mehr am Ticken der Uhr oder der Bewegung der Zeiger, sondern an dem Maß, dass Hoffnung da ist oder verloren geht.
Heute herrscht eine andere Angst. Aber auch wir fühlten uns lange Zeit eingesperrt, ohne zu wissen, wie und wann es weitergeht. Es gab kein Ziel auf das wir hinausarbeiten oder auf das wir warten konnten. Für uns bekam das Thema Zeit auch eine ganz neue Dimension. Tage, Wochen und Monate verstrichen mit dem Fokus auf neue Infektionszahlen oder die Sterblichkeit bei Ansteckung.
Auch wenn jetzt viele Lockerungen da sind, stehen wir doch vor dem ständigen Abgrund, dass das Virus uns wieder „verschüttet“ und uns in dieser Perspektivlosigkeit zurücklässt. Die erste Zeit nach dem Lockdown konnte man förmlich fühlen, wie die Menschen aus den Häusern geströmt sind, angefangen haben die früher alltäglichen Dinge des Lebens mit neuen Augen zu sehen und vielleicht auch das privilegierte Leben, welches wir hier haben, besser zu schätzen wissen. Aber: Wer jeden Tag Kaviar isst und Champagner trinkt, wird diese Dinge irgendwann als alltäglich und normal empfinden und den Blick für das Besondere verlieren. Öffnen wir alle unsere Augen ein Stückchen mehr und seien wir dankbar, dass wir mitten in einer weltumspannenden Pandemie die letzten Sonnenstrahlen dieses Sommers draußen im Restaurant mit Freunden genießen können und in uns das Leben fühlen.